Kontrafunk-Kommentar von Martina Binnig "UN-Zukunftspakt"

Möchten Sie einmal einen tiefen Blick in die Glaskugel werfen? Dann empfehle ich Ihnen die offizielle Website der Vereinten Nationen und den Menüpunkt „Pact for the Future“. Am 22. und 23. September findet nämlich in New York der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen statt. Dort sollen die UN-Mitgliedstaaten einen Zukunftspakt beschließen, der derzeit gemeinsam von Deutschland und Namibia vorbereitet wird. Ein erster Entwurf dieses Pakts wurde bereits im Januar veröffentlicht und umfasst 148 Punkte. Neben Stellungnahmen der Mitgliedstaaten sind Anhörungen weiterer Interessenträger in den Pakt eingeflossen. Darunter befinden sich Industrievertreter und Wissenschaftler, aber auch Nichtregierungsorganisationen wie etwa die LGBTI Stakeholder Group. Die aktuelle Version des Pakts stammt vom 17. Juli. Darin sind nun 58 „Actions“ – also Maßnahmen – formuliert. Action 53 lautet beispielsweise: „Wir werden die Reform der internationalen Finanzarchitektur beschleunigen, damit sie die Herausforderung des Klimawandels bewältigen kann.“ Die internationale Finanzarchitektur soll also dem Kampf gegen den Klimawandel geweiht werden?

Diese verstörende Aussage überrascht jedoch wenig, wenn man weiß, dass sich der Zukunftspakt unmittelbar auf die Agenda 2030 stützt, die von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 vereinbart wurde. Die Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer sogenannten Nachhaltigkeitsziele würde einen vollständigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft mit dem vorgeblichen Ziel der globalen Klimaneutralität bedeuten. Und genau darum soll es offenbar beim Zukunftsgipfel gehen. Im Entwurf des Zukunftspakts wird nämlich betont, dass die Weltordnungspolitik unverzüglich umgestaltet werden müsse, damit die Transformation zur Klimaneutralität gelinge. Vor allem müsse das multilaterale System gestärkt werden – mit den Vereinten Nationen im Zentrum. Denn im Fall von „komplexen globalen Schockereignissen“ müssten die Vereinten Nationen die internationale Führung übernehmen und der UN-Generalsekretär eine Notfallplattform einberufen können. Zu diesen globalen Schocks könnten etwa Pandemien, Klimanotstände oder auch Cybervorfälle zählen. Im Grunde also jede reale oder fingierte Krise, mit der eine „koordinierte und multidimensionale internationale Reaktion“ begründet werden kann. Spätestens hier sollten in Erinnerung an die Corona-Maßnahmen sämtliche Alarmglocken schrillen.

Schaut man sich die im Pakt formulierten Actions näher an, stellt sich unweigerlich die Frage, wessen Interessen der Zukunftspakt tatsächlich primär dienen soll. Denn beispielsweise die Zusicherung, insbesondere Entwicklungsländer durch den Transfer umweltverträglicher Technologien zu unterstützen, freut vor allem die entsprechend involvierten Unternehmen. Doch multilaterale Entwicklungsbanken sollen nun dafür sorgen, dass die Aufnahme von Krediten für Entwicklungsländer erleichtert wird, um damit Investitionen des Privatsektors freisetzen zu können. Eine andere Action bezieht sich auf das Ernährungssystem, das widerstandsfähiger und nachhaltiger werden soll. Ist damit auch die Entwicklung von künstlichem Fleisch oder die Herstellung von Lebensmitteln aus Insekten gemeint? Beides könnte durchaus im Interesse einschlägiger Konzerne sein, jedoch nicht unbedingt im Sinne derer, denen diese Nahrungsmittel aufgedrängt würden. Schon 2021 hatte der UN-Generalsekretär übrigens einen Bericht mit dem Titel „Unsere gemeinsame Agenda“ veröffentlicht, um die Umsetzung der Agenda 2030 zu beschleunigen. Damals wies er auch bereits auf den Zukunftsgipfel im September 2024 als wichtiges Ereignis hin. Die finale Version des Zukunftspakts sollte also mit Argusaugen gelesen und gegebenenfalls abgelehnt werden. Doch sind die Vertreter der Mitgliedstaaten, die dem Pakt im September zustimmen sollen, überhaupt willens und in der Lage dazu?





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